Rückblick: Fachkräftegewinnung ist Chefsache

Denkanstöße und Impulse rund um Arbeit, Fachkräfte und Region gesucht

Um nicht weniger als das Leben und Arbeiten in Oberfranken ging es am 15. Juni 2018 beim Trend- und Impulsevent work new. now. der IHK für Oberfranken Bayreuth mit Unterstützung der Wirtschaftsjunioren Oberfranken auf dem Campus der Universität Bayreuth. Rund 70 Unternehmensvertreter diskutierten, wie neue Mitarbeiter gewonnen werden können, was sie dazu bringt, zu bleiben und warum sie wieder gehen.

Bei ihrer Begrüßung betont IHK-Hauptgeschäftsführerin Gabriele Hohenner, dass das neue Veranstaltungsformat work new.now. die Initiativen der Kammer beim Themenkomplex „Fachkräftesicherung“ abrundet. „Dieses Thema zählt längst zum Markenkern der IHK. Wir wollen ein Format auf die Beine zu stellen, wo sich Unternehmer, Geschäftsführer, Personalverantwortliche und Experten auf Augenhöhe austauschen können“, so Hohenner. „Mir war es wichtig, die Wirtschaftsjunioren für diese Veranstaltung zu gewinnen, schließlich betrifft sie dieses Thema langfristig am meisten.

Arbeitsorganisation als Spiegel des Unternehmens

Udo-Ernst Haner, Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO, geht der Frage nach, wie die ideale Arbeitsumgebung der Zukunft aussieht. Mitarbeiter sind am kreativsten und effektivsten, wenn auch die räumlichen Rahmenbedingungen passen. Am besten bewährt hat sich ein Multispace-Konzept, eine Mischung verschiedener Büroformen, die für unterschiedliche Zwecke und Gelegenheiten genutzt werden können mit zwei Gegenpolen: auf der einen Seite von Öffentlichkeit und intensiver Kommunikation geprägte Bereiche und auf der anderen Seite private, „introvertierte“ Zonen für konzentriertes Arbeiten und vertrauliche Gespräche. Haner: „Eine attraktive Arbeitsumgebung ist den Mitarbeitern insgesamt wichtiger als finanzielle Anreize. Längst ist die Arbeitsumgebung auch zu einem Spiegel der Organisation geworden.“

„Einhörner gibt es nicht“ konstatiert Bernhard Herz, Personalverantwortlicher bei Diehl Controls. Deshalb werde es für Unternehmen immer wichtiger, Mechanismen zu etablieren, mit denen Mitarbeiterpotentiale entdeckt und gefördert werden können. Herz: „Mich treibt die Frage um, welche Mitarbeiter Potentiale haben und wie man diese Potentiale managen kann.“ Bei Diehl wurden deswegen verschiedene möglichst maßgeschneiderte Angebote und Tools entwickelt, abgestimmt auf die jeweiligen Lebensphasen der Mitarbeiter.

Der Mensch im Mittelpunkt

„Im Mittelpunkt des Denkens und Handelns sollte immer der Mensch stehen“ zitiert Erhard Ströhl den BAUR–Gründer Friedrich Baur. Ströhl, Bereichsleiter Informationsmanagement, Bau & Technik, ist überzeugt, dass das Interesse an Arbeitgebern außerhalb der Verdichtungsräume immer größer wird. Längst sieht sich die Geschäftsführung von BAUR als Dienstleister für die Mitarbeiter. Da man die Kreativität fördern will, bietet das Unternehmen auch die Möglichkeit, im Home- oder „Anywhere-Office“ zu arbeiten. Ein großer Erfolg war die Etablierung des neuen Ausbildungsberufes „E-Commerce-Kaufmann“, den BAUR gemeinsam mit der IHK realisieren konnte.

Abkehr vom Gießkannenprinzip

Olivia Bishop, Coach und Beraterin, macht sich stark für eine Abkehr vom Gießkannenprinzip bei der Förderung von Mitarbeitern. Viel zielführender und erfolgsversprechender sei es, speziell Leistungs- und Potentialträger sowie Spezialisten zu fördern.

Warum über Technostress geredet werden muss, verdeutlicht Katharina Pflügner vom BF/M-Bayreuth, dem Betriebswirtschaftlichen Forschungszentrum für Fragen der mittelständischen Wirtschaft e.V. Digitale Innovationen sind ein entscheidender Schlüsselfaktor zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Sie ermöglichen nicht nur, zu jeder Zeit und an jedem Ort zu arbeiten, sie erfordern auch eine stetige Anpassungsbereitschaft. Pflügner: „Unnötige gesundheitliche Belastungen sollten dabei vermieden werden.“ Im Rahmen eines Projektes erstellt das BF/M-Bayreuth gemeinsam mit Partnern Werkzeuge für spezifische Präventionsmaßnahmen und Richtlinien. Moderiert werden die Vorträge von Wolfgang Judas, designhouse GmbH.

Katharina Pflügner (BF/M-Bayreuth) verdeutlicht, warum über Technostress geredet werden muss
Bild: IHK für Oberfranken Bayreuth

Was macht ein Unternehmen attraktiv?

Auf großes Interesse stießen die drei Workshops. Der Frage, was ein Unternehmen attraktiv macht, geht eine Gruppe um Moderatorin Katarina Mose (Vitra International AG) nach. Authentizität, Offenheit, Beharrlichkeit und eine gesunde Fehlerkultur werden als wichtige Elemente angesehen. Martin Runge von den Wirtschaftsjunioren Oberfranken moderiert den zweiten Workshop, der sich mit der Fragestellung auseinandersetzt, welche Mitarbeiter ein Unternehmen benötigt. Klares Ergebnis ist, dass Skills immer mehr in den Fokus rücken, wobei die Bedeutung des Fachwissens gleichzeitig nachlässt. Moderiert von Pflügner geht ein dritter Workshop der Frage nach, wie digitalem Stress effektiv entgegengewirkt werden kann. Bei aller Digitalisierung ist klar, dass es auch künftig wichtig ist, offline zu gehen und das persönliche Gespräch zu führen.

Hohenner zeigt sich mit dem ersten Aufschlag sehr zufrieden, mit work new. now. sollen auch in den kommenden Jahren gezielt Unternehmer und Personalleiter angesprochen werden, um gemeinsam Strategien zu entwickeln, wie dem Fachkräftemangel begegnet werden kann und wie sich Unternehmen bei dieser Frage zukunftsfähig aufstellen können.